đź§  Weniger ist mehr: Wie pragmatische Risikoquantifizierung den Ăśberblick verbessert

In Zeiten wachsender Unsicherheit und regulatorischer Anforderungen stehen Unternehmen vor der Herausforderung, Risiken nicht nur zu identifizieren, sondern auch quantitativ zu bewerten. Doch wie gelingt das, ohne sich in Details zu verlieren oder durch methodische Komplexität zu blockieren?

🎯 Ziel: Den Gesamtrisikoumfang realistisch erfassen

Die gesetzlichen Anforderungen – insbesondere § 91 Abs. 2 AktG und § 1 StaRUG – verlangen ein funktionierendes FrĂĽhwarnsystem. Dieses muss in der Lage sein, bestandsgefährdende Entwicklungen frĂĽhzeitig zu erkennen. Eine fundierte Risikoquantifizierung ist dafĂĽr unerlässlich.

Doch die Realität zeigt: Viele Unternehmen kämpfen mit Ăśberforderungungenauen Schätzungen und fehlender Aggregierbarkeit.


🧩 Die Lösung: Top-down statt bottom-up

Statt hunderte Einzelrisiken detailliert zu quantifizieren, liefert folgender pragmatische Ansatz gute Ergebnisse:

  • Verdichtung von Einzelrisiken zu generischen Risikokategorien (z. B. „Absatzmengenrisiko“)
  • Zentrale Quantifizierung durch geschulte Risikobeauftragte
  • Dezentrale Risikoinventur bleibt erhalten – dient aber primär der qualitativen Erfassung

📊 Quantifizierung mit Bandbreiten und Verteilungen

Risiken werden nicht als Punktwerte, sondern als Wahrscheinlichkeitsverteilungen (z. B. Dreiecksverteilung) modelliert. Beispiel:

Umsatzrisiko: Minimum 5 Mio €, wahrscheinlich 10 Mio €, Maximum 12 Mio €

Diese Bandbreiten ermöglichen realistischere Simulationen und vermeiden Scheingenauigkeit.


🔄 Monte-Carlo-Simulation im Planungskontext

Die Risiken werden als Abweichungen von Planwerten modelliert – z. B. Umsatz, Materialkosten oder Deckungsbeitrag. Dabei werden auch funktionale Abhängigkeiten berĂĽcksichtigt, etwa:

Wenn der Umsatz sinkt, sinken auch die variablen Kosten.

Das Ergebnis: Ein realistischeres Bild des Gesamtrisikoumfangs – inklusive risikobedingtem Eigenkapital- und Liquiditätsbedarf.


📌 Fazit: Qualität vor Quantität

  • Weniger ist mehr: Konzentration auf wesentliche Risiken erhöht die Aussagekraft.
  • Verdichtete Risiken sind aggregierbar und nachvollziehbar.
  • Planungsbasierte Simulationen liefern belastbare Ergebnisse.
  • Dezentrale Risikoinventur bleibt wichtig – aber nicht zur direkten Quantifizierung.

vgl. Wolfrum, M. (2023): Pragmatische Risikoquantifizierung zur Bestimmung des Gesamtrisikoumfangs – weniger ist mehr, in: RMA – Risk Management Association (Hrsg.): Resilienz und ganzheitliches Krisenmanagement – Jahrbuch Risikomanagement 2022/23, ESV, Berlin 2023, S. 93-104.

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